Die Heilpädagogik hat den Anspruch einen Menschen so wie er ist, in seiner Lebenssituation zu verstehen und sein Verhalten erklärbar zu machen
In der heilpädagogischen Diagnostik werden Anamnese, Beobachtung und Tests genutzt. Sie dienen dazu einen Menschen in seinem Wesen zu erfassen, wobei der diagnostische Befund niemals ein absoluter oder objektiver Wahrheitswert ist. Durch die Diagnostik kann bestenfalls eine Tendenz und Wahrscheinlichkeit aufgezeigt werden, wodurch gute Hinweise für Fördermöglichkeiten gegeben werden.
Anamnese
AndersIstNormalDie Anamnese ermittelt biographische Daten und Ereignisse, aus denen sich rückwirkend Lebenserschwernisse entwickelt und manifestiert haben können. Es wird vor allem nach einer Verknüpfung zwischen relevanten Ereignissen (u.a.Trennungen, Traumata) und der subjektiven emotionalen Bedeutung für das Kind gesucht, die sich auf seine sozial emotionale Situation und konkrete Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster ausgewirkt haben kann. Diese Ereignisse müssen nicht unmittelbar auf das Kind eingewirkt haben oder direkt aus seiner Biographie stammen, sondern können auch durch Bezugspersonen übertragen worden sein.
Bei physiologischen Erschwernissen wird ebenfalls nach Ereignissen gesucht, die diese beeinflusst oder auch hervorgerufen haben können (u.a.Geburt, Unfälle).
Beobachtung
Es gibt die gerichtete und die ungerichtete Beobachtung in der heilpädagogischen Diagnostik. Meist wird zu erst die ungerichtet oder sogenannte freie/ offene Beobachtung gewählt. Bei dieser Beobachtungsmethode werden keine Beobachtungsinstrumente wie Einschätzskalen oder Beobachtungsbögen genutzt. Der Beobachter erfasst über eine gewisse Zeitspanne das Interaktionsverhalten, Dialoge und Handlungen einer Person in einem frei gewählten Kontext. Insbesondere bei Kindern dient die freie Beobachtung der Erfassung ihrer individuellen Besonderheiten innerhalb ihrer Bildungsprozesse. Die gerichtete Beobachtung schließt sich meist der freien Beobachtung an und bedient sich verschiedenster Beobachtungsinstrumente, wie Beobachtungsbögen zur Situationsanalyse von Interaktionen oder Einschätzskalen zur Erstellung eines individuellen Entwicklungsprofils. Eine besondere und gerne genutzte Form der gerichteten Beobachtung, bildet Interaktionsbeobachtung anhand einer Videoaufzeichnung. Diese ermöglicht es, mit Eltern oder auch Erziehern, eine bestimmte Situationssequenz gemeinsam zu analysieren, in den Dialog zu gehen und zu reflektieren.
Tests
Die heilpädagogische Diagnostik dient nicht dazu, eine Diagnose im Sinne einer Krankheitszuschreibung zu erstellen. Es geht vielmehr darum, den Stand der Entwicklung eines Kindes in den verschiedenen Entwicklungsbereichen aufzuzeigen. Die Testdiagnostik kann dabei helfen, ein genaues Entwicklungsprofil zu erstellen, bestimmte Entwicklungsbereiche, wie Motorik oder Sprache, genauer zu betrachten oder Auffälligkeiten im Verhalten des Kindes, differenzierter zu erfassen. Tests bilden immer nur das Abbild einer Momentaufnahme und ihre Ergebnisse sollen, wie bereits erwähnt, keine Allgemeingültigkeit darstellen. Sie sind jedoch wichtig, um vor allem Entwicklungsprozesse genauer zu erfassen, zu dokumentieren und zu erkennen, wo die Stärken und Schwächen eines Kindes liegen, um seinen Bedürfnissen entsprechende Entwicklungsräume und Situationen zu schaffen oder Entwicklungsrisiken aufzuzeigen. Die Testung wird für die Kinder auf spielerische Weise gestaltet und kann sich über mehrere Termine erstrecken. In der Regel wird ein Entwicklungstest gemacht, der alle Entwicklungsbereiche des Kindes erfasst. Sollte dabei ein Entwicklungsbereich nicht ausreichend erfasst werden können, kann ein speziellerer Test hinzugefügt werden. Bei Kindern mit Sprachproblemen, kann von vornherein ein allgemeiner Entwicklungstest gewählt werden, der nicht sprachbasiert ist, wodurch die Ergebnisse in allen anderen Entwicklungsbereichen nicht beeinflusst werden.
